„Alkohol: Stell‘ dir vor, du bist krank … und kein Arzt ist nüchtern“, oft weiß der Leser nicht genau, ob der Autor oder der Verlag für den Titel eines Buches die Verantwortung trägt.
In diesem Fall ist anzunehmen, dass dem Autor Torsten Markwirth keine Schuld an dem dümmlich-albernen Titel eines ansonsten ungewöhnlich gelungenen Buches trifft.
Markwirth greift auf packende Art und Weise in seinem autobiografischen Roman ein Thema auf, dass gerne und viel zu oft totgeschwiegen wird. Die Abhängigkeit vom Alkohol, die sich langsam und schleichend entwickelt, kann jeden treffen. Auch ein Doktortitel und ein Erfolg versprechender Start in die Karriere als Krankenhausarzt schützen nicht davor, dem Alkohol zu verfallen.
Wer schon einmal eine Selbsthilfegruppe besucht hat, wird darüber kaum erstaunt sein. Denn deren Teilnehmer repräsentieren einen Querschnitt der Gesellschaft, vom Empfänger staatlicher Unterstützung über die gut situierte Hausfrau bis hin zu Ärzten, Richtern und Lehrern sind hier alle Berufsgruppen vertreten. Denn Alkohol, so wird auch im Buch von Markwirth deutlich, macht weder vor der Bildung noch vor der gesellschaftlichen Stellung halt.
Zunächst ist der Alkohol ein Hilfsmittel, das für Ruhe und Gelassenheit, für Entspannung oder für Schlaf sorgt. Später kann der Betroffene nicht mehr funktionieren, wenn sein Alkoholspiegel nicht ausreichend hoch ist. Das mag zunächst erschrecken, aber viele Abhängige sind in verantwortungsvollen Berufen tätig. Solange sie es schaffen, trotz des Alkohols eine gute Arbeit abzuliefern, wird die Abhängigkeit in ihrem beruflichen Umfeld meist ignoriert oder toleriert.
Erst beim Zusammenbruch wird erkannt, welche Wirkungen der Alkohol hat. Das Buch von Markwirth ist auch deswegen ein gutes Buch, weil es fachkompetent und dennoch gut lesbar geschrieben ist. Dem Beginn der Abhängigkeit und dem langsamen Verlauf der Erkrankung wird weiter Raum geboten. Raum, den der Autor für einen spannenden und packenden Roman nutzt.
Deshalb ist dieses Buch nicht nur für Betroffenen geeignet, sondern bietet sich auch für andere Menschen an. Eine empfehlenswerte Lektüre, auch bei einem Krankenhausaufenthalt.
Letzte Aktualisierung am 2024-12-04 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API