Alkoholkrankheit ist keine Charakterschwäche
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Die Alkoholkrankheit ist definitiv keine Charakterschwäche

Eine hochtalentierte Soul-Sängerin aus einfachen Verhältnissen, Amy Winehouse, hat das Unverständnis, das in der Öffentlichkeit beim Thema „Alkoholkrankheit“ verbreitet ist, wieder einmal sehr sichtbar gemacht.
Autor: Andre
Aktualisiert: 12. Oktober 2023

„Die soll sich mal zusammenreißen!“ Sinngemäß war dieser Satz über Amy Winehouse in den Promi-Nachrichten der jüngsten Zeit zu zwei Gelegenheiten zu lesen. Einmal, als sie vor Beginn ihrer diesjährigen Europa-Tournee mithilfe eines Entzuges versuchte, ihre Alkoholkrankheit zumindest zeitweise zu dämpfen. Auf dem Weg in die Klinik hat sich Amy Winehouse in einem Friseursalon auf recht unschöne Weise übergeben und danach eine Flasche Wodka getrunken, noch bevor sie die Klinik betrat.

Der zweite Vorfall fand nach der Entgiftungsbehandlung statt. Nach dem Klinikaufenthalt gab sie ihr erstes Konzert in Belgrad, wo sie betrunken ihrem eigenen Bühnenprogramm nicht folgen konnte. Die torkelnde Sängerin wurde von der Bühne gebuht und die Tournee abgebrochen. Beide Ereignisse wurden von den Medien mit großer Häme und großem Spott bedacht. Amy Winehouse wurden Charakterdefizite und Willensschwäche unterstellt. Kommentare dieser Art waren nicht nur in den sensationslüsternen Gossip-Postillen zu finden, sondern auch in vermeintlich seriösen Nachrichtenmagazinen.

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„Muss die schon wieder saufen?“

Dieser Satz war wörtlich oder in abgewandelter Form an vielen Stellen zu lesen. Wird ernsthaft versucht, aus medizinischer Sicht eine Antwort auf diese Frage zu finden, so lautet die Antwort: „Ja, sie musste“. So unglaublich es für einen nicht von der Alkoholkrankheit Betroffenen klingen mag, der Wodka nach dem Erbrechen im Friseursalon war notwendig. Andernfalls hätten lebensgefährliche Krämpfe und ein Delir gedroht.

„Die säuft doch, weil es ihr Spaß macht“

Dass es sich bei der Alkoholkrankheit nicht um eine Befindlichkeitsstörung oder Willensschwäche, sondern um eine sehr schwere Krankheit handelt, ist im Bewusstsein der Bevölkerung nicht verankert. Alkohol wird immer in Verbindung mit dem Trinken aus der Freude am Rausch, an dem schönen warmen Gefühl im Magen nach dem ersten Schluck und an die Leichtigkeit und Lockerheit zu Beginn eines feucht-fröhlichen Abends gebracht. Die Idee, dass Alkohol eine erlaubte Droge ist, die anderen verbotenen Drogen in Nichts nachsteht, wird als völlig absurd angesehen.

Wer sich näher mit dieser Krankheit beschäftigt, kommt zu einem anderen Bild. Es ist absurd, morgens einen Tetrapack Billigwein zu trinken, zur Hälfte wieder zu erbrechen und froh zu sein, die andere Hälfte im Magen zu behalten. Noch viel absurder ist es allerdings zu glauben, dass eine derartige Handlung vom freien Willen bestimmt sei. Ein Tetrapack Billigwein, frühmorgens vor der Kloschüssel, zu Hälfte wieder erbrochen – das ist nicht wirklich spaßig.

„Die versäuft ihre Karriere“

Das ist nicht unwahrscheinlich. Denn die Alkoholkrankheit ist nicht heilbar. In der Bevölkerung, auch in den Medien, gibt es die Vorstellung, dass ein Alkoholabhängiger nach einer Entgiftung und einer Therapie geheilt sei. Dem Abhängigen, der nach abgeschlossener „erfolgreicher“ Therapie wieder an seiner Skatrunde teilnimmt, wird mit Unverständnis begegnet, wenn er Mineralwasser trinkt.

In den Augen der anderen Spieler ist er schließlich geheilt, und ein Bier hat noch niemandem geschadet. Er braucht sich ja nicht zu betrinken, aber ein Bier ist doch nicht Schlimmes. So ähnlich mag es Amy Winehouse vor dem Konzert in Bulgarien gegangen sein. Ein kleiner Whisky gegen das Lampenfieber vielleicht, ein Cuba Libre, um sich ein wenig in Stimmung zu bringen. Was für den Nichtabhängigen kein Problem darstellt, ist für den Abhängigen der Anfang vom Ende. Auf Lebenszeit.

„Trink doch einen mit“

Das ist häufig der Satz, den ein Alkoholkranker vor seinem Rückfall hört. Denn so bitter es für die Betroffenen, aber auch für die Ärzte und Psychologen ist, der Rückfall tritt bei einem großen Teil der Alkoholkranken kurz nach einer Therapie ein. Paradoxerweise ist die Zahl der Rückfälle umso höher, je kürzer die Therapie zurückliegt, also ähnlich wie bei Amy Winehouse in Belgrad. Aber auch die Zeit schützt den Alkoholkranken nicht. Selbst Alkoholkranke, die schon über viele Jahre abstinent waren, bleiben lebenslang gefährdet. Eine geringe Trinkmenge kann sie nach kurzer Zeit wieder zum morgendlichen Stelldichein mit dem Tetrapack und der Kloschüssel bringen. Oder zum Torkeln auf der Bühne in Belgrad.

„Wie wäre es mit ein wenig Beherrschung?“

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Bei der Alkoholkrankheit gibt es nur einen, der beherrscht. Die Herrschaft geht von der Droge Alkohol aus und auch die größte Willensstärke kommt dagegen nicht an. Scheinbar „sanfte“ Konzepte wie das „Kontrollierte Trinken“, die von einigen Scharlatanen propagiert werden, sind daher von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Der Alkoholkranke bleibt alkoholkrank, so wie der Diabetiker zuckerkrank bleibt. Eine Heilungsmöglichkeit existiert nicht. Nur ein Stillstand kann erreicht werden, indem nach einer Entgiftung ein abstinentes Leben geführt wird.

Ein solches Leben wird in unserer Gesellschaft aber nicht nur durch die Krankheit selbst erschwert, sondern auch durch das massive Unverständnis der Gesellschaft gegenüber den Ausprägungen der Alkoholkrankheit. Die dummen und von fachlichem Unverstand geprägten Artikel über Amy Winehouse zeigen dies nur zu deutlich.

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4 Antworten zu „Die Alkoholkrankheit ist definitiv keine Charakterschwäche“

  1. anonym

    Am Donnerstag (30.6.) lief in dem angesehenen Kulturmagazin „Aspekte“ im ZDF ein Beitrag zu Amy Winehouse. Die hochgebildeten Redakteure haben das Kunststück fertiggebracht, die Sucht von Winehouse als Marketinginstrument darzustellen. Im ganzen Beitrag ist der Begriff „Alkoholkrankheit“ nicht gefallen. Marketinggag. Es besteht noch sehr viel Aufklärungsbedarf, auch bei denen, deren Weinkeller so voll ist, dass niemand merkt, wenn es mal ein paar Flaschen weniger sind.

  2. anonym

    Jetzt ist Amy Winhouse also auch im Club 27 angekommen.
    Was fühlt sich besser an, die „Profitgierige Plattenindustrie“ – Kommentare der Gutmenschen aus der Aspekte-Redaktion oder die Krokodilstränen der verlogenen Gossip-Presse?
    Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich ko…. möchte.

  3. may

    Ja, nun hat sie das „Marketinginstrument“ wohl überzogen…

  4. anonym

    Was die Verwertungsindustrie angeht, stimmt die Sache mit dem „Marketing“ vermutlich, denn deren Geschäftsziel ist Geld, sie müssen herausholen, was geht.
    Bei Winehouse selbst hatte die Sucht das Heft in Hand. Da war schon lange nichts mehr mit Berechnung oder Marketing.
    Einfach nur Sucht. Abhängigkeit. Krankheit.

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